Staplerfahren – sehen und gesehen werden
Sicht und Sichtbarkeit
Gute Sichtverhältnisse sind gerade beim Führen eines Hubstaplers besonders wichtig. Im täglichen Miteinander ist sehen und gesehen werden ein wichtiges Thema – speziell im Umgang mit Gabelstaplern. Die Flurförderzeuge, die bärenstarken Kraftpakete bewegen sich wendig und schnell auf relativ kleinen, zum Teil auch engen Verkehrsflächen und transportieren dabei noch schwere Lasten.
Kraft der Bewegung
Da wird viel Bewegungsenergie freigesetzt, mit deren Wirkung niemand gerne in Kontakt gerät. Wenn ein Stapler mit einer Last von 2 Tonnen und einer Geschwindigkeit von 20 km/h fährt, sind rund 120.000 Joules im Spiel. Da kann es sich gut sein, wenn hier vorausschauend gefahren wird, wenn Umsicht, Vorsicht und Rücksicht auf den Stapler beherrschen.
Gesichtsfeld
Die Basis für die optische Wahrnehmung ist die Gesamtheit der Gegenstände oder Reflexe, die der Mensch bei unbewegtem Kopf erfassen kann, ohne sie mit den Augen anzustarren: das sogenannte Gesichtsfeld. Das Gesichtsfeld des Menschen umfasst, in der horizontalen Ebene mit beiden Augen etwa 240° (±107° auf jeder Seite). In der Vertikalen beträgt rund 60° – 70° nach oben und ca. 70° – 80° nach unten. Auf zentrale Bereiche kann das Auge fixiert, also „scharf gestellt“ werden. Im binokularen Deckfeld findet eine Fusion der beiden Bilder des rechten und linken Auges zu einem einzigen statt. Das ist die Voraussetzung für die Entstehung für räumliches Sehen. In den äußeren Bereichen werden nur noch Bewegungen erkannt. Mit Kopfbewegungen kann der Mensch dieses Sichtfeld in die gewünschte Richtung lenken.
Nur innerhalb des zentralen Bereichs ist ein klares Erkennen möglich. Die Qualität der Wahrnehmung bezüglich Sehschärfe, Mustererkennung und Farbsehen sinkt, je mehr sich die visuellen Reize dem peripheren Bereich nähern. Zum Erkennen von Gefahrensituationen ist die Gesichtsfeldperipherie daher beim Staplerfahren besonders wichtig.
Staplerfahrers Sicht
Beim Staplerfahrer ist die Sicht von vornherein eingeschränkt. Je nach Blickrichtung durch die Elemente der Fahrerkabine oder des Hubgerüstes. Selbst bei ausgeklügelter Konstruktionen und Fahrzeugspiegeln bleiben tote Winkel. Um Unfallgefahren zu vermeiden, sollten der Fahrer und die Fußgänger im Betrieb wissen, wo sich diese Bereiche befinden.
Blick verdeckt
Die größte Sicht-Einschränkung ist beim Stapler, die zu befördernde Last. Sie verdeckt für den Fahrer oft mehrere Meter der Fahrbahn. In einem solchen Fall kann es empfehlenswert sein, den Stapler rückwärts zu bewegen. Durch leichte Drehung nach rechts und den Schulterblick kann der Staplerfahrer auch die Fahrbahn sehr nahe am Stapler einsehen. Aber auch diese Sicht hat ihren Preis, die Hälfte der Fahrbahn nach hinten kann er nicht sehen, die Last rückt für ihn in das äußere Gesichtsfeld.
Rangieren
Erschwerend für die Sicht – ein Stapler hat konstruktionsbedingt eine extreme Rangierfähigkeit. Die Lenkachse hinten führt dazu, dass sich das Fahrzeug mehr oder weniger um seine eigene Vorderachse drehen kann. Dabei scheren Heck und Ladung aus. Diese ungewohnte Situation erfordert von allen Beteiligten höchste Aufmerksamkeit. Bei der Rückwärtsfahrt und beim Rangieren ergeben sich dadurch mögliche Gefahren. Um eine Last aufzunehmen oder abzusetzen werden oft mehrere Rangiervorgänge erforderlich. Beim Einlagern in Regale wird die ganze Aufmerksamkeit des Staplerfahrers nach oben gelenkt, hier ist besondere Umsicht angesagt.
Mehr Sicherheit
Vorstehende Gefahrensituationen betreffen nicht nur dem Staplerfahrer, sie sollten auch den Kollegen, die sich in unmittelbare Nähe befinden, bekannt sein und ihr Verhalten darauf einstellen. Sie haben die bessere Sicht. Rücksicht auf den Staplerfahrer und seine Arbeitssituation kommt allen zugute.
Nur als Doppelpack
Sehen und gesehen werden gibt es immer nur im Doppelpack. Hallentore z. B. sind typische Gefahrenpunkte. Die Sicht des Staplerfahrers durch wechselnde Lichtverhältnisse – hell/dunkel – für einen kurzen Moment eingetrübt, das Auge muss an das Lichtverhältnis anpassen. Der Fahrer wird also bei der Ein- und Ausfahrt besonders vorsichtig sein und die Geschwindigkeit anpassen. Die Kollegen, die im Bereich der Hallentore arbeiten, sollten ihrerseits die Sicherheit durch das Tragen von Warnwesten erhöhen.
Sicherheit ist keine Einbahnstraße! Bei Staplerschein-Österreich prägt der Aspekt Sicherheit den gesamten Kursablauf. In den einzelnen theoretischen Ausbildungs-Modulen gehört Sicherheit zum Thema und in der Praxis wird der Sicherheitsaspekt zum Oberbegriff bei den praktischen Übungen.